AMANECER – Pablo Siebels phantastische Reise durch das Elekronenmikroskop

Posted on März 11, 2013

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Von Regina Liebermann

Der Tag erwacht und langsam taucht die Morgenröte Blüten und Wesen in ihr noch sanftes Licht. Nur kurz ist dieser ganz besondere Augenblick. Schon nicht mehr Dämmerung, noch nicht ganz grelle Leuchtkraft, nein – roter Sonnennebel bringt alles zum Glühen. Große netzartige Blätter wachsen kleinen Blütenkrönchen entgegen, filigrane grüne Spiralen bewegen sich inmitten roter, blauer und weißer Pastell-Bubbles. Altbekannt sind diese organischen Formen uns, ein Blütengarten eben.

Oder ist es doch so, dass Pablo Siebel mit seinem Bild AMANECER uns einen Blick durchs Elektronenmikroskop werfen lässt? Und zwar auf urzeitliche Einzeller, Wimperntierchen und auf  tausendfach vergrößerte Nervenzellen mit ihren fröhlich ausgebreiteten Dendriten?

In Siebels MAREA bevölkern exotisch anmutende, aber uns doch von irgendwoher bekannte Organismen die Gezeitenlandschaft. Das knallblaue Meer zwischen Ebbe und Flut bringt phantastische Formen zum Vorschein: Schnecken und Krabben, quietsch-bunte Quallentiere oder sind es gar fabulierte Unterwasserkakteen? Pablo Siebel verwendet ähnliche Formen auch in seinem Landschaftsbild PAISAJE, welches Assoziationen zu Wegenetzen, Gebirgsketten oder auch zu einem mit Seilen gefesselten Fabelwesen hervorrufen kann.

Dabei entsteht bei vielen seiner Werke beinahe ein comic-hafter Eindruck. Fröhlich und farbenfroh reitet die Mutter Gottes, Maria, auf einem blauen Esel auf uns zu. Diese Geschichte kennen wir. Siebel nennt sein Werk schlicht MADONNA und fügt noch andere Heilige der Weltreligionen in seinen hier kleinformatigen Arbeiten hinzu. In seinem ELEFANTE SAGRADO ist es der heilige Elefant des indischen Volksepos und des Hinduismus. In PAJARO INDIO ist es der Adler, das archetypische Symbol der urindianischen Kultur des amerikanischen Kontinents. Sie alle werden zu kleinen, leichten Bildern der Freude und der Lebendigkeit. Alles Schwere von tausenden Jahren der Tradition und Geschichte einfach entstaubt.

Im Zusammenspiel mit der Farbigkeit, welche bei den zuletzt gezeigten Bildern beinahe ausschließlich leuchtend hell strahlt, kann er sich auf scheinbar unschuldig naive, ja kindliche Weise den ernsthaften Themen widmen. So sind in einer früheren Serie (Mapquest series, 2005) Siebels urzeitliche diabolische Wichte und Gnome Schöpfungen des Unbewußten. Sie mögen Sinnbild für unsere tieften Ängste, Verzweiflungen, für unser Böses sein, doch wenn sie wie Schaukelpferdchen im Kinderzimmer daherkommen, hundertfach umgarnt von bunten Ranken und getupften Marshmallows, weiß der Betrachter: er ist aufgefangen von einem dichten Netz aus Blüten.

Die Schau AMANECER ist noch bis 30. April 2013 in Frankfurt am Main zu sehen. 

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